Ein Abend über internationale Klimapolitik, die Aufgaben und Chancen der Europäischen Union, die Rolle Deutschlands, und was der Brexit und der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen bedeuten.

Unter dem Titel „Paris-Abkommen, Trump und Brexit“ fand am Donnerstag, den 17. Mai 2018 die zweite große Veranstaltung im Rahmen des Jean-Monnet-Lehrstuhls an der Universität Würzburg statt, das Dialogforum:mainEUropa. Die mit über 100 Zuhörer*innen sehr gut besuchte Veranstaltung richtete sich neben den klassischen Gruppen der Studierenden und Lehrenden auch an die Würzburger Zivilgesellschaft. Sicher ausschlaggebend für den guten Zuspruch war die geladene Gastsprecherin des Abends: Dr. Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft Politik Berlin (SWP), Spezialistin auf den Gebieten (EU-) Klima-, Umwelt- und Energiepolitik.

Nach einer kurzen Begrüßung durch die Lehrstuhlinhaberin Gisela Müller-Brandeck-Bocquet, in der sie die Zuhörer*innen an das Projekt „mainEUropa“ sowie das Thema des Abends heranführte, ging das Wort an Frau Dröge. In ihrem knapp einstündigen Vortrag erklärte sie das Pariser Klimaabkommen, seine Entstehung und seine Effizienz anschaulich und verständlich – auch für Nicht-Expert*innen auf diesem Gebiet.

Schon Ende der 1980er Jahre wurde der Klimawandel als globales Problem erkannt; daher beschloss man 1992, auf der UN-Rio-Konferenz, den Kampf aufzunehmen.  Dies führte 1997 zum Abschluss des  Kyoto-Protokolls, des ersten globalen Klima-Regimes. Die wissenschaftliche Anerkennung des Klimawandels als menschengemachtes Phänomen trug dazu bei, dass das Thema an Bedeutung gewann. „Wir sind international verflochten, sind Teil eines Systems“, bemerkte Dröge. Entsprechend dringlich ist demnach die Zusammenarbeit aller Beteiligten. Dass dies nicht immer funktioniert, zeigte der Austritt der USA aus dem Kyoto-Protokoll 2001, was die EU als alleinige Vorreiterin zurückließ. Tatsächlich schlüpfte man gut in diese Rolle und entwickelte sich bis 2009 zum klimapolitischen Taktgeber. Bei der COP 15 (Conference of the Parties) 2009 in Dänemark sollte die bisherige Grundlage für die Klimapolitik, das Kyoto-Protokoll, überarbeitet und ein neues, für alle Staaten verbindliches Abkommen, verabschiedet werden, da Kyoto nur Industriestaaten einband und von Entwicklungs- und Schwellenländer keine Emissionsreduktion verlangte.

Zwar zeigten in Kopenhagen sogar Staaten wie China, die USA und Russland, die sich zuvor regelmäßig in Zurückhaltung geübt hatten, Interesse an einer Kooperation, dennoch scheiterte die COP 15. Die Ernüchterung war groß. Dröge nannte als einen Hauptgrund des Scheiterns die Finanzkrise – ein Zeichen dafür, dass Klimapolitik nach wie vor nicht die notwendige Relevanz im internationalen Geschehen besaß, die es brauchte, um auf diesem Feld Fortschritte zu erzielen. Nach kleineren Erfolgen in den Jahren zuvor kam es 2015 dann zu einem wahren Durchbruch: dem Pariser Klima-Abkommen. Dieses trat erstaunlich schnell in Kraft und wird ab 2020, direkt anschließend an das Kyoto-Protokoll, wirken. Einer der stärksten Antreiber hierfür? Die Vereinigten Staaten von Amerika. So konnte Präsident Obamas unter anderem China für eine Neukonzeptionierung der internationalen, gemeinsamen Klimapolitik begeistern „Es war eine sehr große Hauruck-Aktion, das heißt auch, das Konstrukt ist fragil“, schlussfolgerte Dröge.

Ein großer Unterschied zwischen dem Pariser Abkommen und dem Kyoto-Protokoll ist die Form der Beteiligung. Das neue Abkommen basiert auf „pledge and review“, der Idee, dass man als Vertragspartei nach eigenem Ermessen und Leistungsfähigkeit in Form von NDCs (Nationally Determined Contributions, freiwillige nationale Beiträge), zum Kampf gegen den Klimawandel beiträgt, aber auch regelmäßige Berichterstattungen und Bestandsaufnahmen liefert. Das Kyoto-Protokoll bestand aus verbindlichen Verpflichtungen. Mit ihren klimapolitischen Zusagen einer Reduktion der Treibhausgasemission um 40 % gegenüber dem Stand von 1990 bis zum Jahr 2025 war die EU der weltweit ehrgeizigste Akteur der Pariser COP 21.

Wie von Dr. Susanne Dröge angedeutet, war das Klimaabkommen nicht so gefestigt, wie man es sich wünschen würde. Im Sommer 2017 kündigte – ausgerechnet – US-Präsident Trump den Ausstieg aus dem Klimaabkommen von Paris an. Frühestens im November 2020, zum Ende seiner ersten Amtszeit, kann dieser vollzogen werden. Ein*e potentielle*r neue*r Präsident*in könnte also möglicherweise direkt wieder eintreten. Eine große Sorge nach Präsident Trumps Ansage im Vorjahr war ein möglicher Dominoeffekt. Dieser ist bis heute ausgeblieben.

Die Wissenschaftlerin sprach auch den klimapolitisch wenig hilfreichen Brexit an. „Großbritannien hat mehr mit sich selbst zu tun als sich mit der EU auseinanderzusetzen“, so ihre Einschätzung. Entsprechend liegt auf der Insel der Fokus auf anderen Dingen. Dennoch blieben die Briten „strategischer Partner der EU in der internationalen Klimapolitik“, fuhr sie fort. Es sei weniger kompliziert, sich zunächst einmal an die Politik der Union anzuhängen, als ein neues Konzept zu entwickeln. Auf lange Sicht könnte Großbritannien in Form eines NDCs einen eigenen Beitrag leisten. Aber auch das liegt in der Zukunft.

Ist nun die EU zurück als Vorreiterin in Sachen Klimapolitik? Nicht wirklich. Dröge nannte die Ambitionen der Europäischen Union eher „so mitteltoll“. Hinzu kommt, dass man den Klimawandel alleine nicht stemmen kann.

Dennoch, es ist viel geplant für die Zukunft. Schon dieses Jahr bei der COP24 im polnischen Kattowitz will man große Schritte machen. Ein Regelbuch soll aufgestellt, der Dialog zwischen den Staaten in den Vordergrund gerückt und mehr Geld für Klimapolitik zur Verfügung gestellt werden. Wie das ausgeht, wird sich im Dezember 2018 zeigen.

Bei anschließenden Fragen an die Wissenschaftlerin wurde die Rolle Deutschlands aktuell und in Zukunft durchaus kritisch betrachtet. So bemerkte ein Zuhörer, dass die aktuelle Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik und die vereinbarten Ziele des Klimaabkommens widersprüchlich zueinander seien. Dies konnte Dröge nur bejahen. Das Verkehrsministerium, beispielsweise, nehme keine Rücksicht auf Klimaziele. Sollte es weiter so laufen wie jetzt, sehe sie schwarz. Auf die Frage, wie sich die EU wieder in eine Vorreiter-Position bringen könnte, sagte Dröge, es müsste exemplarisch gehandelt werden. Das Paris-Abkommen „macht nichts“ selbst, schreibt keine Aktionen vor. Eine solch exemplarische Aktion wäre, die aktuelle Strategie der EU zur Klima-Neutralität bis 2050 in die Tat umzusetzen. Wenn der EU dies gelänge, dann könnte sie beispielhaft auf andere einwirken.