Am Samstag, den 19.11.2017, endete der Klimagipfel in Bonn. Nach einer einmaligen Verlängerung konnten etliche Beschlüsse gefasst werden. Was bleibt vom Gipfel, der zum ersten Mal unter der Präsidentschaft eines besonders vulnerablen Staates, Fidschi, stand?

Der große Wurf blieb aus – jedoch stand dieser auch nicht auf der Agenda. Das wichtigste Ziel, die Erarbeitung einer Verhandlungsgrundlage für das sogenannte Regelbuch zur Ausgestaltung des 2020 startenden Pariser Klimaabkommens, wurde durch die Erstellung des Arbeitskatalogs erreicht. Dieser umfasst 260 Seiten und muss nun im Laufe des kommenden Jahres von den Mitgliedsstaaten des Pariser Abkommens weiter verhandelt und verschlankt werden. Denn das Ziel für den Gipfel 2018 im polnischen Kattowitz lautet, das Regelbuch für verbindliche Mechanismen zur Umsetzung, Vergleichbarkeit und Überwachung der freiwilligen nationalen Klimaziele zu schaffen.

Zudem sollen die bis dato eingereichten Ziele kritisch evaluiert werden, um deren Verschärfung zu erwirken. Denn aktuell reichen diese nicht aus, um die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad zu halten, obwohl das Pariser Klimaabkommen festhält, dass die Erderwärmung idealerweise nicht über 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit ansteigen soll. Allerdings ist die Weltgemeinschaft davon laut verschiedener Untersuchungen noch sehr weit entfernt. Deutlich ambitioniertere nationale Klimaziele sind daher notwendig.

Bessere Einbindung lokaler und regionaler AkteurInnen: Der Talanoa-Dialog

Den Weg dahin soll unter anderem der Talanoa-Dialog ebnen. „Talanoa“ wird auf den Fidschi-Inseln der Austausch aller Betroffenen genannt, der transparent geführt wird und Lösungen zum Wohle aller Beteiligten entwickelt. Dieses Format wurde bereits im Vorfeld des Bonner Gipfels gestartet und soll nun ein weiteres Jahr lang die Fragen klären, wo die Weltgemeinschaft derzeit in Sachen Klimaschutz steht, wo sie hinmöchte und wie dieser Weg beschritten werden kann. Eines der Dialog-Ziele stellt die gemeinsame Stellungnahme zum IPCC-Bericht dar, der das 1,5 Grad-Ziel als Maßgabe benennt. Dem möglichen Scheitern und den daraus entstehenden Konsequenzen sollte ein wichtiger Stellenwert im Rahmen des Talanoa-Formats beigemessen werden.

Dass neben den RegierungsvertreterInnen auch lokale und regionale AkteurInnen bei den Diskussionen eingebunden werden, ist ein Novum. Hier wird die Handschrift des diesjährigen Präsidiums überdeutlich. Im Rahmen des Gipfels betonte es kontinuierlich, dass der Klimawandel alle betrifft – gerade die Menschen vor Ort, die beispielsweise auf den Fidschi-Inseln zunehmend zur Klimaflucht gezwungen werden.

Die Staaten konnten sich überdies auf die Ausgestaltung der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen einigen. Somit wird der bereits unter dem Kyoto-Protokoll operierende Fonds im Rahmen des Pariser Abkommens weitergeführt. Keine Einigung hingegen wurde im Bereich des „loss and damage“ gefunden. Die in Warschau 2013 angestoßene Diskussion konnte in Bezug auf die finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer bei Klimaschäden zu keinem einvernehmlichen Ergebnis geführt werden, es bleibt also weiter unklar, wie die benötigten Gelder mobilisiert werden sollen.

Beschlüsse im Umfeld des Bonner Gipfels sorgten für große Aufmerksamkeit

Jedoch zeigen die im Umfeld des Klimagipfels beschlossenen Initiativen und Abkommen eine gewisse Dynamik auf, die Zuversicht entstehen lässt. Zu Beginn des Gipfels hat die EU eine umfassende Reform des Emissionshandels verabschiedet. Dieser hat nicht erst mit dem Einsetzen der Wirtschafts- und Finanzkrise stark an Schlagkraft verloren. Der neu aufgestellte Emissionshandel soll zum Erreichen des Pariser Klimaziels der EU, bis 2030 40% der CO2-Emissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 einzusparen, beitragen.

Daneben hat die inoffizielle US-amerikanische Delegation „Americas Pledge“ Aufsehen erregt. In diesem Bündnis haben sich Städte, Gemeinden, Bundesstaaten, Hochschulen sowie Unternehmen zusammengeschlossen, die nach eigenen Angaben knapp 50% der US-amerikanischen Bevölkerung repräsentieren. Nach dem Motto „We are still in!“ betont die Gruppe, an den 2015 vereinbarten Klimazielen festzuhalten, auch wenn Präsident Trump den Ausstieg bereits beschlossen hat.

Entgegen der Befürchtung, dass die US-amerikanische Delegation den Gipfel torpedieren könnte, war es um die Verhandlungsführung aus den USA recht still geworden. Die Entsendung lediglich eines State Secretary zum ranghöchsten Treffen des Gipfels sorgte für Irritationen bei den beteiligten Staaten.

Die Ankündigungen der „Powering Past Coal Alliance“ beleben die Diskussion zum Kohleausstieg

Unter der Führung von Großbritannien und Kanada hat die „Powering Past Coal Allicance“, bestehend aus über 25 Staaten und Städten, wie Portugal, Frankreich, Italien, Mexiko, El Salvador, Alberta sowie Washington D.C. und Vancouver, den Ausstieg aus der Kohleverstromung aller OECD-Staaten bis spätestens 2030 gefordert. Außerdem gaben die Bündnispartner ihre jeweils eigenen, teils ambitionierten Ausstiegsjahre bekannt. Diese Ankündigungen erhöhen den Druck auf Staaten wie Deutschland, das ca. 40 % der Energie aus Kohlekraftwerken bezieht, oder auch Polen, dessen Energiemix noch stärker von der Kohleverstromung abhängig ist. Dass gerade Frankreich und Großbritannien beim Ausstieg vorangehen, ist auf deren enormen Anteil an Atomkraft im Energiemix zurückzuführen. Dies kann künftig für kontroverse Diskussionen sorgen – nicht nur innerhalb der Europäischen Union.

Wie weiter – oder was bleibt?

Die vielfältigen, teils ambitionierten, teils eher enttäuschenden Ergebnisse des Gipfels bestätigen den neuen, durch das Pariser Abkommen etablierten Kurs: Ziele zu vereinbaren, die auf der Initiative der Staaten beruhen und zusätzlich Akteure wie Städte, Bundesstaaten oder Unternehmen einzubinden. Dass mit dem Talanoa-Dialog dieser Kurs nun verstärkt wird, kann die Klimaschutzpolitik auf eine breitere Basis stellen und für zusätzliche Akzeptanz sorgen.

Ob und inwieweit diese vorsichtige Dynamik an Fahrt aufnehmen kann, wird sich bereits in einigen Wochen zeigen, wenn Präsident Emmanuel Macron am 12. Dezember anlässlich des zweijährigen Jubiläums des Pariser Klimagipfels nach Paris lädt.

Die Ergebnisse der COP 23 im Überblick

ZielInhalt der VerhandlungenErgebnis
Arbeitskatalog für das Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Abkommens erstellenDiverse Vorschläge zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens wurden gesammelt. Der 260-seitige Katalog wird nun diskutiert, um die finale Fassung auf der COP 24 verabschieden zu können.+
Talanoa-Dialog: Dialog-Forum zur Diskussion ambitionierterer nationaler Klimaschutzziele einrichtenZur Erhöhung der Klimaschutzziele wird eine Plattform zum Austausch der verschiedenen Akteure etabliert. Die hier diskutierte Bestandsaufnahme soll zu ambitionierteren nationalen Klimaschutzzielen führen. +
Loss and damage: Einen finanziellen Ausgleich der Schäden durch Klimafolgen in den Entwicklungsstaaten schaffenEntwicklungsstaaten forderten die konkrete Ausgestaltung des in Warschau gestarteten Prozesses zur Finanzierung von Umweltschäden durch die Industrieländer. Ein Arbeitsplan wurde auf den Weg gebracht, von einer Einigung zur konkreten Finanzierung, ist die Gemeinschaft dennoch weit entfernt.-
FinanzenDer Anpassungsfonds an den Klimawandel aus dem Kyoto-Protokoll wird auch über 2020 hinaus im Rahmen des Pariser Abkommens weitergeführt.+
Verpflichtungen bis 2020 Da die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen erst 2020 in Kraft treten, sollen die Industrieländer bereits 2018 und 2019 auf den Konferenzen von ihrem Klimaschutzfortschritt berichten. Diese Berichterstattung wurde beschlossen. +
FrauenförderungDie Rolle der Frau soll im Zusammenhang mit dem Klimaschutz verstärkt berücksichtigt werden. Der Gender-Aktionsplan wurde verabschiedet und beinhaltet neben der erhöhten Beteiligung von Frauen bei den Klimaverhandlungen auch deren verstärkte Einbindung in Klimaschutzprojekte und gezielte Schulungen.+
Bessere Einbindung indigener VölkerIndigene Völker sollen stärker in die Klimaverhandlungen eingebunden werden, wie es bereits auf der COP 21 beschlossen wurde. Die Plattform für Indigene Völker und lokale Gemeinden wurde etabliert und soll für den Wissensaustausch zum Klimaschutz dienen. Die Feste Einbindung Indigener Völker wirft ein Schlaglicht auf die künftige Einbindung weiterer Gruppen, die nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. +