Das achte Sicherheitspolitische Forum am Wittelsbacherplatz stand unter dem Titel „Amerikas aktueller Kurs in der Weltpolitik. Braucht Europa neue Partner?“. Dr. Josef Braml, Senior Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und einer der führenden US-Experten der Bundesrepublik, stellte pointiert seine Sichtweise der aktuellen US-Politik dar.

Gleich zu Beginn machte Braml den rund 70 ZuhörerInnen klar, dass sich alle Vorhersagen, die die politische Einhegung Donald Trumps betrafen, als falsch herausgestellt haben – und dass er selbst diese Entwicklung vorausgesehen hatte. So sei z.B. die Wendung Trumps nach innen via „America First“ oder auch durch die Loslösung von internationalen Übereinkommen nur die konsequente, wenn auch überspitzte Weiterentwicklung des Kurses von Barack Obama, der bereits 2011 konstatierte, dass die USA zuerst „nation-building at home“ betreiben müssten, bevor sie sich weiterhin um die Probleme der Welt kümmern. Dass diese Entwicklung keine rein republikanische Erfindung ist, verdeutliche Braml auch durch ähnliche Äußerungen Bernie Sanders‘ im Vorwahlkampf der Demokraten.

Auch außenpolitisch habe Donald Trump das umgesetzt, was er im Wahlkampf angekündigt habe: für die USA vermeintlich schlechte Verträge aufzukündigen und gegebenenfalls neu zu verhandeln. Ob diese Politik tatsächlich zielführend und gut für die Vereinigten Staaten sein wird, sei dahingestellt – so Braml – aber zumindest setze der US-Präsident das um, was er vor der Wahl versprochen hat, und das halten ihm seine Wähler zugute. Bezüglich der Strafzölle auf europäischen Stahl, die Donald Trump mit der Gefährdung der nationalen Sicherheit begründete, stellte Braml fest, dass der Präsident auf diese Weise das WTO-Regime geschickt umgangen habe, da dieses bei Sicherheitsbedenken nicht greifen könne. So habe Trump auch in Zukunft einen Trumpf in der Hand, wenn es z.B. um die Einfuhr europäischer Autos ginge.

Weltpolitisch stellte Braml fest, dass auch hier die US-Regierung einen Weg weiterführt, den die Obama-Administration bereits eingeschlagen hatte – wenn auch mit anderen Vorzeichen. Grundlegendes Ziel sei es weiterhin, den mächtigsten Gegenspieler der USA, nämlich China, zu bekämpfen. Während Obama versuchte, dies über die Transpazifische Partnerschaft – ein Freihandelsabkommen ohne China – und über eine Degradierung Russlands zu einer Regionalmacht zu erreichen, geht sein Nachfolger auch hier mit härteren Bandagen vor. So sei die Transatlantische Partnerschaft für Trump kein Instrument, um China einzudämmen. Auch die Degradierung Russlands wäre nicht zielführend; vielmehr müssten die USA mittelfristig mit Russland zusammenarbeiten, um China auf seinem Weg zur Weltmacht bremsen zu können.

Bezüglich der Europäischen Union hat Braml eine eindeutige Botschaft. Auf „America First“ könne die EU nur mit „Europe United“ antworten, um überhaupt Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Denn eines sei klar: zwar hätten die Vereinigten Staaten zu einer neuen Realpolitik gefunden, die keine Win-Win-Situation kenne, aber auch die alternativen Partner der Europäischen Union hätten nicht zuerst Europas Wohl im Sinn. Deshalb könne die Präsidentschaft Donald Trumps – der die EU bekanntlich wiederholt als „foe“ (Feind) bezeichnet hat – Katalysator für eine Erneuerung sein. Laut Braml solle die EU den Euro stärker als alternative Leitwährung zum US-Dollar platzieren, nachhaltig in ihre Infrastruktur investieren und schließlich auch ihre militärischen Fähigkeiten um- und ausbauen, um in Zukunft weniger von den USA abhängig zu sein. Leider hätten die EU-Mitgliedstaaten diese Nachricht noch nicht vernommen und verlören sich zusehends im nationalen Klein-Klein.