Die Europäische Union erlebte zwischen 2003 und 2008 ein „Goldenes Zeitfenster“ der Außenpolitik, ausgelöst durch die Krise europäischer Handlungsfähigkeit im ehemaligen Jugoslawien. Inspiriert von der Europäischen Sicherheitsstrategie 2003 konnte Javier Solana, der damalige Hohe Vertreter, die außenpolitischen Möglichkeiten der Europäischen Union signifikant ausbauen. Der Vertrag von Lissabon verankerte diese Fähigkeiten auch im Primärrecht, doch durch die Finanz- und Wirtschaftskrise schloss sich das „Goldene Zeitfenster“ der EU-Außenpolitik wieder und die Mitgliedstaaten wandten sich verstärkt nach innen.

Politische Erdbeben als Impulsgeber für GASP und GSVP?

Diese Tendenz hielt bis 2016 an, als zwei in Kontinentaleuropa nicht für möglich gehaltene Wahlentscheidungen politische Erdbeben auslösten. Am 23. Juni votierte die Mehrheit der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union und am 8. November wurde Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt.

Europa erinnerte sich vor allem durch die neue Unsicherheit in den transatlantischen Beziehungen an seine eigenen außenpolitischen Stärken und ist – ohne es bisher unter Beweis stellen zu müssen – bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen. Mit dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens scheint auch wieder Bewegung in den Politikbereich der GASP/GSVP zu kommen.

Außen- und Sicherheitspolitik: Wieder ein dynamischer EU-Politikbereich?

Zumindest Deutschland und Frankreich scheinen mit dem Wegfall der „Bremser“ aus London neuen Elan zu verspüren. Indiz hierfür ist zum Beispiel die Einrichtung des militärischen EU-Hauptquartiers. Ihm fehlt zur tatsächlichen Einsatzfähigkeit sicher noch die personelle Ausstattung; die Intention, wieder größeren Handlungsspielraum zu haben, wird aber deutlich. Jetzt muss sich zeigen, ob tatsächlich nur die Briten die Entwicklung in der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik blockiert haben, oder ob sich andere Mitgliedstaaten hinter ihnen versteckt haben.

Wird die Außen- und Sicherheitspolitik also wieder zu einem EU-Potenzialthema, zu einem dynamischen Politikbereich, der geeignet ist, neues Vertrauen in die Union zu schaffen? Können neue Impulse in der GASP und GSVP die EU in eine Zeit „jenseits der Krisen“ führen? Diese Fragen werden während der Projektlaufzeit in zahlreichen Veranstaltungen, Publikationen und anderen Aktivitäten aufgegriffen, diskutiert und analysiert werden.